Mifegyne ist 1999 zum ersten Mal in Österreich angewendet worden (Symbolbild).

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Niedergelassene Frauenärzte dürfen künftig Tabletten für einen medikamentösen Schwangerschaftsabbruch ausgeben. Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) genehmigte eine Änderung des Zulassungsbescheids für das Medikament. Bisher durfte die "Abtreibungspille", wie Mifegyne oft genannt wird, nur bis zur neunten Schwangerschaftswoche in Krankenhäusern und Ambulanzen abgegeben werden, die zu Schwangerschaftsabbrüchen berechtigt waren.

"Das Medikament Mifegyne ist die Alternative zum chirurgischen Schwangerschaftsabbruch und gilt als eine der sichersten Methoden", heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Hier sieht man die Entscheidung des BASG als eine Erleichterung für Frauen.

Schwangere in ländlichen Gebieten profitieren

Gerade für ungewollt Schwangere in ländlichen Gebieten ist ein medikamentöser Schwangerschaftsabbruch nun leichter zugänglich: Der lange Anfahrtsweg zu Kliniken entfällt. Zudem wird ein Abbruch schon früh in der Schwangerschaft möglich.

Der Wiener Gynäkologe und Leiter von Ambulanzen für Schwangerschaftsabbrüche, Christian Fiala, begrüßt ebenfalls die erweiterte Zulassung des Medikaments, "weil sie grundsätzlich den Zugang zum Schwangerschaftsabbruch niederschwelliger macht".

Gynäkologe Fiala warnt vor Risiken

Allerdings warnt Fiala davor, dass die Abgabe an ungewollt Schwangere damit auch ohne Qualitätssicherung sowie ohne Beratung und Nachkontrolle erfolgen könnte. "Das könnte ein Risiko für Frauen bedeuten", so der Arzt. Institute, die derzeit Schwangerschaftsabbrüche durchführen, würden strengeren Kontrollen unterliegen. Vielen niedergelassenen Kollegen würde hingegen die Erfahrung mit dem Medikament fehlen.

Fiala befürchtet, dass niedergelassene Gynäkologen Schwangeren das Medikament geben, bei Problemen aber ans Krankenhaus verweisen. Auf die betroffenen Patientinnen kämen dann zusätzliche Kosten zu.

ÖGGG-Präsidentin kündigt Leitfaden an

Gunda Pristauz-Telsnigg, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (ÖGGG), widerspricht Fiala: "Die Qualitätsstandards sind genauso hoch wie derzeit in Instituten, die das Medikament ausgeben." Die Ausgabe des Medikamentes sei für niedergelassene Frauenärzte freiwillig. "Wer sich dafür entscheidet, wird auch bemüht sein, Qualitätsstandards einzuhalten", sagte Pristauz-Telsnigg. Zudem würde die ÖGGG gerade an einem Mifegyne-Leitfaden für niedergelassene Gynäkologinnen arbeiten.

Fiala war 1999 einer der Ärzte, die Mifegyne 1999 zum ersten Mal in Österreich angewendet hatten. Damals hatte es Demonstrationen von Abtreibungsgegnern gegen das Medikament gegeben. Die Wirksubstanz selbst – Mifepriston – war bereits 1980 vom damaligen französischen Pharmakonzern Roussel-Uclaf entdeckt worden. Es ist ein Progesteron- und Glukokortikoid-Rezeptorantagonist. (agr, APA, 2.7.2020)